Strategiepapier der Tabakkonzerne zur Tabakwerbung
1.) Strategiepapier gegen das Tabakwerbeverbot
(Hier wird deutlich, wie der VdC [Verband der Cigarettenindustrie]
versucht, das Tabakwerbeverbot zu verdrehen: das Verbot von
Drogenwerbung soll massiv als Beschränkung der Meinungsfreiheit
hingestellt werden.)
Vorlage zur VdC-Vorstandssitzung am 03.03.1998
Werberichtlinie; Strategie nach dem Ministerrat
VdC-Intern
1. Ziel: Verhinderung eines Verbots der Tabakwerbung in D und EU
2. Chancen:
A - Ministerrat: gescheitert
B - Europa-Parlament: gering
C - Gerichte - Luxemburg und Karlsruhe: mittel
Wir dürfen uns nicht nur auf ein Stadium konzentrieren.
3. Zeitrahmen
zu A - abgelaufen; zu B - 3 bis 9/98; zu C - 1998 bis 2002
4. Nahziele - Stadium B
- Mitberatung von Wirtschafts-, Rechts- und Kulturausschuss sichern
- Ablehnung im Rechtsausschuss anstreben
- Änderungsanträge in Medien- und Wirtschaftsausschuss einbringen
- 314 Plenarstimmen für Änderungsanträge im Plenum gewinnen
- Vermittlungsverfahren Parlament - Rat betreiben
5. Erfolgsvoraussetzungen für Stadium B
- aktive Unterstützung von CDU/CSU und SPD in Fraktionsgremien und Ausschüssen
- engagierter, ständiger und koordinierter Druck aus Wirtschaft und Gewerkschaft auf dt. MdEP
- koordinierte Unterstützung durch Verbündete in EU
- Verlagerung des Argumentationsschwerpunkts vom Tabak zur Informationsfreiheit
- positives Meinungsklima dazu in der Öffentlichkeit
6. Aktionen - Wirtschaft
- Koordinationsstäbe der gesamten betroffenen Wirtschaft in D und EU
- Einigung der gesamten Wirtschaft auf weniger mehrheitsfähige Forderungen und Änderungsanträge
- Einbeziehung der Gewerkschaft
- abgestimmte Argumentationspapiere Recht - Wirtschaft - Gesundheit
- weitere Rechtsgutachten
- öffentliche Protestveranstaltung in Brüssel
- Symposium zur Werbewirkung in Brüssel
7. Aktionen - Politik
- Wirtschaftsgespräche mit den Spitzen der deutschen MdEP
- Identifizierung der 314 MdEP
- koordinierte Einzelgespräche mit meinungsführenden MdEP
- Informationsschreiben an Unentschiedene
- Einzelgespräche mit Unentschiedenen
Mit jedem Target-MEP muss gesprochen, Overlobbying aber vermieden werden.
8. Aktionen - Öffentlichkeit
- Koordination der Pläne für D und EU mit den Verlegern
- Informationsbriefe an alle MEP
- Plakat- und Anzeigenaktionen im Wahlkampf zur Verteidigung der Werbefreiheit
2.) Versuchte Beschwerde gegen Warn-Aufdrucke
Der Zweite Senat des BVerfG hat die Verfassungsbeschwerden
von fünf Herstellern von Tabakerzeugnissen gegen die Pflicht
zum Aufdruck von Warnhinweisen im Hinblick auf Gesundheitsgefahren
zurückgewiesen.
BVerfG Beschluss 2 BvR 1915/91 vom 22.1.1997
Die Beschwerdeführerinnen hatten sich gegen § 3 Abs. 1
Nummern 1 und 2 der Verordnung über die Kennzeichnung von
Tabakerzeugnissen und über Höchstmengen von Teer im
Zigarettenrauch (TabKTHmV) gewendet. Sie beklagten die Verletzung
verschiedener Grundrechte. Angeblich würden die Warnhinweise
trotz des Zusatzes "Die EG-Gesundheitsminister..." von
einem erheblichen Teil der Verbraucher als Äußerungen
der Zigarettenhersteller selbst verstanden. Die Warnhinweise würden
den Herstellern der Produkte zugerechnet, zumindest werde auf einen
gewissen Minimalkonsens zwischen der Meinung des Herstellers und dem
Inhalt des Warnhinweises geschlossen. Die Beschwerdeführerinnen
würden damit gezwungen, eine fremde Meinung als eigene zu
äußern, obwohl sie diese objektiv für unrichtig hielten.
Aus dem Urteil des Gerichts:
Das Grundrecht der Meinungsäußerungsfreiheit können die
Beschwerdeführerinnen entgegen ihrer Auffassung nicht für sich
in Anspruch nehmen. Denn die Pflicht zum Aufdruck der Warnhinweise auf
den Zigarettenpackungen betrifft Produzenten und Händler von
Tabakerzeugnissen beim Vertrieb ihrer Waren, nicht bei der Teilnahme am
Prozess der Meinungsäußerung und Meinungsverbreitung.
Diese Pflicht dient der Verbreitung einer erkennbar fremden, den
Beschwerdeführerinnen nicht zurechenbaren Meinung und erweckt nicht
den Anschein, die Unternehmen würden diese Meinung von sich aus
verbreiten. Mithin ist die auf gesetzlicher Grundlage beruhende
Verpflichtung zum Aufdruck der staatlichen Warnhinweise nicht am
Maßstab der Meinungsfreiheit, sondern an dem der grundrechtlich
geschützten Berufsfreiheit zu messen. Sie ist mit diesem Grundrecht
vereinbar. Die Warnungen vor Gesundheitsgefahren gehören zu den
legitimen Aufgaben des Staates und geben den derzeitigen medizinischen
Erkenntnisstand zutreffend wieder. Außerdem sind die Hinweise zum
Schutz der Volksgesundheit geeignet und erforderlich.
Auch der Eigentumsschutz, den die Beschwerdeführerinnen für
Zeichen- und Ausstattungsrechte bei der Gestaltung ihrer
Zigarettenpackungen in Anspruch nehmen können, ist nicht verletzt.
3.) Verharmlosung der Warn-Aufdrucke wurde abgestraft
Internationale Tabakunternehmen sind in Frankreich zu teilweise hohen Geldstrafen verurteilt
worden, weil sie die Warnungen vor dem Rauchen abgeschwächt hatten.
Als Nebenkläger war das Nationale Komitee gegen übermäßigen Tabak-Konsum (CNCT) aufgetreten. In
Rennes wurde nun der niederländische Tabakkonzern Rothmans zur Zahlung von 500.000 Euro an den
Nationalen Ausschuss gegen Tabaksucht verurteilt. Auf Schachteln der Marke "Winfield" hatte der
Konzern vor die Gesundheitshinweise "Fügt der Gesundheit schweren Schaden zu" und "Rauchen führt zu
Krebs" die Anmerkung "Dem Gesetz Nr. 91-32 zufolge" gestellt. Jan Willem Schipper, Chef der
niederländischen Philip-Morris-Filiale, muss 75.000 Euro zahlen, seine deutschen Kollegen Karsten
Schmidt und Dettmar Delbos kamen mit 45.000 Euro davon. Auf Schachteln von Philip Morris hatte
ebenfalls dieser Zusatz gestanden, womit nach Auffassung des nationalen Anti-Tabak-Ausschusses
Rauchern eingeredet werden sollte, dass die Gefahren allein nach Einschätzung der Gesetzgeber
bestünden. Die Texte waren außerdem in feinen, goldenen Buchstaben gedruckt und damit leicht zu
übersehen.
Wiederholungstäter
Wegen gleich lautender Vorwürfe waren 1999 schon einmal 150.000 Euro Schadensersatz zu zahlen gewesen.
Die Konzerne änderten die Warn-Aufdrucke seitdem nicht. Daher stufte das Pariser Gericht sie als
Wiederholungstäter ein und lehnte es ab, die damaligen Zahlungen auf die neuerliche Strafe anzurechnen.
Quelle: www.netdoktor.de und www.ftd.de vom 15.3.2002
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