Freiwillige Selbstbeschränkung und Verstöße dagegen
Fernseh- und Hörfunkwerbung für Tabakerzeugnisse ist
längst ganz verboten. Um weiteren Verboten zuvorzukommen,
haben sich die Tabakkonzerne verpflichtet, mit ihrer Werbung
nicht direkt auf Jugendliche zu zielen, indem sie nicht mit Models
unter 30 Jahren werben und auf Motive aus dem speziellen Umfeld der
Jugendlichen-Kultur (z.B. Discos) verzichten. Ferner dürfen
keine Zigarettenautomaten in der Nähe von Schulen aufgestellt sein.
Wer gegen diese Selbstbeschränkung verstößt, muss
Strafen an gemeinnützige Organisationen zahlen. Empfänger
ist dabei meist (wenn eine Bestrafung überhaupt einmal
vorkommt) die Stiftung Verum, (VERhalten und UMwelt).
Diese Organisation wurde 1992 vom Verband der Cigerettenindustrie
gegründet und ist voll in deren Sinne tätig.
Die folgenden Artikel sollen umstrittene Fälle von Tabakwerbung darstellen.
1.) Werbung für Teenies?
In einem Kölner Stadtmagazin wurde dieses Bild abgedruckt.
Offensichtlich raucht da ein junges Mädchen in dem typischen
Alter, in dem Boygroups angehimmelt werden.
Ich schrieb eine Protest-email an den
Werberat, in dem ich das Alter des Mädchens
und den Begriff "Boygroup" beanstandete. Dieser Brief
wurde zuständigkeitshalber an den VdC (Verband der
Cigarettenindustrie) weitergeleitet. Auf dessen Bitte teilte ich
ihm mit, in welchem Magazin das Bild abgedruckt worden war.
Nach etwa vier Wochen bekam ich Antwort. Die betroffene Firma
(Philip Morris) hatte dem VdC mitgeteilt, dass eine Kopie des
Personalausweises des Models vorläge, aus der hervorgehe,
dass das Geburtsjahr 1967 sei und dass das Model demnach älter
als 30 Jahre gewesen sei. Außerdem sei der Begriff
"Boygroup" auf die Figuren des Tischfußballs
bezogen und sei somit keine jugendbezogene Werbung.
Eine Anhäufung von zufälligen Missverständnissen?
Oder geschickte Absicht?
Werbung lebt nun mal von Assoziationen - ein Produkt wird mit einer
Idee oder einem Gefühl verknüpft. Dies gilt ganz
besonders für das Rauchen, denn die Gründe, die einen
Noch-Nichtraucher zum Rauchen verführen, sind allesamt mehr
oder weniger künstlich mit dem Inhalieren von
Verschwelungsabgasen verknüpft.
Mag auch der Begriff "Boygroup" direkt auf die
Spielfiguren zielen - die Assoziation zur Teenie-Kultur ist
auf jeden Fall da.
Und das Schöne an einer freiwilligen Selbstverpflichtung ist,
dass sie weder von unabhängigen Stellen überprüft
geschweige denn eingeklagt werden kann...
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2.) "Rauchen im Bett" war ein Flop
03.08.1999 BERLIN - Feuerwehr und Kripo-Branddezernat
ärgern sich über die Zigarettenwerbung für R 1
("Ich rauche gern"): Eine junge Frau liegt im Bett
und raucht. Das halten die Brandspezialisten für eine
gefährliche Verharmlosung. Feuerwehrsprecher Klaus Ziegler:
"Wer im Bett raucht, darf sich nicht wundern, wenn die Asche,
die runterfällt, die eigene ist." Die Kripo weiß,
dass von den 26 Brandtoten im ersten Halbjahr 1999 jedes zweite
Opfer im Bett oder auf dem Sofa geraucht hatte und eingeschlafen
war. Ein Beamter: "Das Rauchen im Bett verbietet sich einfach.
Es trifft eben nicht nur Alte und Alkoholiker, die beim Rauchen
einschlafen."
Patrick Kammerer, beim Hersteller Reemtsma (Hamburg) für
Marken-PR verantwortlich: "Das Foto zeigt eine Morgenstimmung,
keine Abendszene. Die junge Frau geht erkennbar nicht zu Bett und
wird nicht mehr einschlafen, sondern raucht noch eine Zigarette,
bevor der Tag beginnt."
05.08.1999 BERLIN - Die Firma Reemtsma wird für die
Zigarette R 1 nicht mehr mit dem Plakat einer Frau werben, die im
Bett raucht. Nachdem die Berliner Feuerwehr sich gegen das Motiv
ausgesprochen hatte (der KURIER berichtete), protestierte auch die
Hamburger Feuerwehr.
Nach der KURIER-Berichterstattung hatte die Feuerwehr den Beitrag
den Kollegen in anderen deutschen Großstädten
übermittelt. Die Feuerwehren kritisierten die
Reemtsma-Werbung, weil allein in Berlin im ersten Halbjahr
diesen Jahres 13 Menschen starben, weil sie im Bett geraucht
hatten. In Hamburg waren es 1998 fünf Tote.
Quellen: Berliner Kurier
Fazit: wenn nur genügend protestiert wird, hat auch die
beste Ausrede kein Gewicht mehr.
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3.) Rauchen im Beichtstuhl???
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Ende März 2000 wurde diese Plakat verbeitet.
Ich bin weder katholisch noch ein besonders religiöser Mensch,
aber ich finde dieses Motiv einfach geschmacklos.
Man muss sich auch fragen, ob da ein Beichtstuhl in
ein Fotostudio transportiert wurde (und wenn, woher?), oder
ob vielleicht ein Priester einem Fototermin in seiner Kirche
zugestimmt hat. Bekanntlich fehlt den Kirchen das Geld, und die
Tabakkonzerne versuchen in Hinblick auf das Werbeverbot,
die Kreise der (finanziell) Abhängigen zu erweitern.
Es ist auch nicht auszuschließen, dass hier mit Absicht ein
publicity-trächtiger Skandal inszeniert werden sollte.
Ausreden des Herstellers nach obigem Muster (Rauchen
im Bett) wie zum Beispiel: "Die Zigaretten sind gar nicht
angezündet. Die beiden werden gleich die Kirche verlassen und
draußen rauchen" oder so ähnlich - kann es nicht
geben. Denn was man hier in der Verkleinerung nicht sehen kann: die
Zigaretten brennen tatsächlich. So wird hier ein Beichtstuhl -
eigentlich ein Ort der Vergebung - durch die Aufforderung
"Test it" zu einem Ort der Versuchung und Verführung
herabgewürdigt.
Mein Protest bei der Katholischen Kirche wurde an die Zentralstelle Medien
des Sekretariates der Deutschen Bischofskonferenz weitergeleitet - leider
ohne Folgen für dieses Plakat.
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4.) Ernst August machte Ernst mit Lucky Strike
Prinz Ernst August von Hannover (46) [hatte in letzter Zeit Schlagzeilen durch tätliche
Angriffe auf Leute gemacht, von denen er sich gestört fühlte] fand die Werbung der Zigarettenmarke
Lucky Strike gar nicht komisch. Dieses Mal entschied er sich für zivile Gegenwehr - mit
durchschlagendem Erfolg. Die Werbeplakate mussten per einstweiliger Verfügung abgehängt werden.
Der Zigarettenhersteller hat Wiederspruch eingelegt.
Neue Presse vom 7.4.2000
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5.) Camel musste Werbung zurückziehen
Der Zigarettenhersteller Japan Tobacco Germany GmbH (JT-International) hat,
bevor es zum Urteil des Landgerichts Köln kommen konnte, eine
Unterlassungserklärung abgegeben, in der er sich verpflichtet, eine
von dem Verbraucherzentrale Bundesverband e.V. (vzbv) beanstandete
Plakatwerbung für die Zigarettenmarke Camel nicht mehr zu verwenden.
Laut § 22 Lebensmittel und Bedarfsgegenständegesetz (LMBG) darf
die Werbung für Tabakerzeugnisse nicht besonders dazu geeignet sein,
Jugendliche oder Heranwachsende zum Rauchen zu veranlassen. In einer
freiwilligen Selbstbeschränkung der Tabakfirmen ist dies dahingehend
konkretisiert, dass nur Personen gezeigt werden dürfen, denen man
ansieht, dass sie älter als dreißig Jahre sind. Das war
offensichtlich bei der kritisierten Camel-Werbung nicht der Fall.
Der vzbv ist bereits mehrfach gegen Tabakfirmen wegen Verstoßes gegen
§ 22 LMBG vorgegangen. Meistens haben die betroffenen Zigarettenhersteller
dann aber freiwillige Unterlassungserklärungen abgegeben, so dass
kein Gericht eingeschaltet werden musste.
Das Berliner Bezirksamt Steglitz-Zehlendorf, Abteilung Jugend, Gesundheit
und Umwelt (030 - 6321-4703), hat auf 81 Seiten Verstöße der
Tabakkonzerne gegen ihre eigenen Werberegeln dokumentiert. Die einzig
sinnvolle Schlussfolgerung: Öffentliche Tabakwerbung muss verschwinden.
Nichtraucher-Info (2002)
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6.) Philip Morris musste Werbekampagne stoppen
Der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) hat vom Tabakkonzern Philip Morris eine
Unterlassungserklärung gefordert und bekommen. Darin verpflichtet sich der Zigarettenhersteller,
nicht mehr mit dem rechts abgebildeten Motiv zu werben und im Fall der Zuwiderhandlung an den vzbv
eine Vertragsstrafe in Höhe von 7.500 Euro zu zahlen.
Den neusten von mehr als 50 Verstößen gegen die Selbstverpflichtung der Tabakindustrie, nicht mit
Personen zu werben, die für jünger als 30 Jahre gehalten werden, hatte das Forum Rauchfrei in Berlin
dem vzbv gemeldet und um rechtliche Schritte gebeten.
Nichtraucher-Info Nr. 58 - II/05
(Abgesehen davon gilt für das Rauchen im Schlafsack selbstverständlich das gleiche wie
für das Rauchen im Bett - siehe Punkt 2.)
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