Alles über das Rauchen Kosten des Rauchens Schaden in den USA

Der wirtschaftliche Schaden in den USA durch Rauchen

Vor einer Weile wurde hier mal gefragt, wieviele Menschen denn so an den Folgen des Rauchens/Alkohols etc. sterben. Ich habe jetzt einen sehr interessanten Artikel gefunden, "The Human Costs of Tobacco Use", veröffentlicht im New England Journal of Medicine, Vol. 330/13 und 14, 1994. Autoren sind CE Bartecchi, TD MacKenzie und RW Schrier.

In diesem Artikel geht es zwar um die USA, aber was das Rauchen angeht, ist Deutschland den USA überlegen, da dort in den letzten Jahren die Nichtraucherlobby sehr große Erfolge aufzuweisen hat (praktisch komplettes Verbot des Rauchens in der Öffentlichkeit, im Flugzeug etc.). Daher dürften die hier genannten Zahlen in Deutschland mindestens erreicht, wenn nicht übertroffen werden.

Der Artikel (zweiteilig) lohnt sich sehr zu lesen. Der erste Teil handelt von den gesundheitlichen Gefahren des Rauchens [siehe hier].

Der zweite Teil des Artikels beschäftigt sich mit den wirtschaftlichen Auswirkungen des Rauchens:

1985 wurden aufgrund der Folgen des Rauchens 65 Milliarden US-Dollar ausgegeben (Krankheitskosten und verlorengegangene Produktivität). Jeder Raucher verbraucht etwa $6000 mehr an medizinischen Ressourcen als ein Nichtraucher in seinem Leben. Es gibt andererseits eine Studie, die berechnet, dass Raucher insofern zur Bezahlung dieser Kosten beitragen, als sie mittels Tabaksteuer und vor allem dem fehlenden Ausschöpfen der Rentenversorgung (da sie sterben, bevor sie selbst in den Genuss kommen, Rente zu kassieren) unfreiwillig eine Menge Geld beisteuern. Allgemein wird jedoch davon ausgegangen, dass die Kosten des Rauchens die "Einnahmen" übersteigen.

So sind Raucher beispielsweise im Schnitt 6,5 Tage öfters arbeitsunfähig (und das gilt in den USA, wo in den meisten Fällen kein Kündigungsschutz wie bei uns besteht, sodass Leute so gut wie nie "krankfeiern"). Zusammen mit den Anteilen an der Krankenversorgung, den die Arbeitgeber tragen müssen und dem Umsatz, der verlorengeht, da die Arbeiter vorzeitig diese Welt hinter sich lassen, wurden Verluste von 47 Milliarden Dollar für 1990 berechnet.

Der größte Anteil tödlicher Brandverletzungen ist Bränden aufgrund von Zigaretten (Rauchen im Bett etc.) zuzuschreiben. Brandopfer erfordern mit die teuerste aller möglichen medizinischen Versorgungen (in Deutschland ca. 10.000 DM pro Tag).

Der Tabakindustrie ist ein großer Teil des Artikels gewidmet. Philip Morris war 1992 die Firma mit dem größten Profit in den ganzen USA (4,9 Milliarden Dollar), wobei sie nur den siebtgrößten Umsatz hatte, was die enorme Gewinnspanne beim Verkauf von Zigaretten verdeutlicht. Zwar nahm der Verkauf innerhalb der USA leicht ab, dafür stieg der Exportanteil gewaltig an. Vor allem Drittweltländer werden zur Zeit massiv mit westlicher Rauchware beliefert.

Auch was die Werbungskosten angeht, liegt PM USA-weit an erster Stelle (2 Milliarden Dollar 1989). Bei der Übertragung des 1989 Marlboro Grand Prix wurde der Name Marlboro elfmal genannt, das Logo wurde 5922 Mal gezeigt in insgesamt 46 Minuten!! Besonders Jugendliche werden vermehrt beworben (aus naheliegenden Gründen, wie oben dargelegt). Vor allem die Camel-Werbung (mit "Old Joe Camel") spricht Teenager in besonderem Maße an. In Amerika waren gleich viele Sechsjährige in der Lage, Old Joe Camel einer Packung Zigaretten zuzuordnen, wie Mickymaus dem Disney-Logo. Dies hatte zur Folge, dass von 1988 bis 1990 der Camel-Marktanteil bei Unter-18jährigen von 0,5% auf 32% stieg. Der Verkaufserlös für Camels stieg im gleichen Zeitraum in derselben Altersgruppe von 6 Millionen US$ auf 476 Millionen US$ (ein Viertel des Gesamterlöses und ein Drittel des Schwarzmarkterlöses).

Diese Marktbewegungen führten zu einem dramatischen Preiskampf mit drastischen Preiskürzungen, was zur Folge hatte, dass erstmals seit 1973 der Pro-Kopf-Verbrauch an Zigaretten nicht mehr sank. Besonders Teenager, auf deren Kaufverhalten sich Preisschwankungen besonders stark auswirken, tragen zu diesem Trend bei.

Alles in allem sind Zigaretten das einzige legal verkaufte Verbraucherprodukt, das eindeutig krebserregend ist, wenn es benutzt wird. Die Tabaklobby zahlte den Parteien in den USA 1992 insgesamt 2,5 Millionen Dollar (fünffache Steigerung seit 1988) und gab 2,2 Millionen Dollar für Parlaments- und Senatorenwahlkämpfe aus. Noch heute behauptet die Tabakindustrie, dass Zweifel am Zusammenhang zwischen Rauchen und Krankheit bestehen, was beweisbar falsch ist.

Warum rauchen nun dennoch so viele Menschen? Nikotin ruft extreme Suchtzustände hervor, die mit der Kokain- und sogar mit der Heroinsucht durchaus verglichen werden können. Massive Werbekampagnen dienen da sowohl der Gewissensberuhigung als auch dem Anwerben neuer Süchtiger. Der Verkauf von Tabak unterliegt keiner Restriktion; ein Medikament, das derartige Nebenwirkungen aufweist wie Zigaretten, würde niemals zugelassen werden. Und nicht zuletzt verdient der Staat am Verkauf jeder Zigarette (in Deutschland 71% des Verkaufspreises). Dass diese Milchmädchenrechnung nicht aufgeht, wurde weiter oben bereits dargelegt.


Quelle: (aus dem Usenet)
Empfänger: /zer/z-netz/gesundheit/allgemein
Absender : pietzcke@mibm.ruf.uni-freiburg.de (Tim Pietzcker)
Betreff : Rauchen - Artikel im NEJM!
Datum : Fr 27.01.95, 09:12