Über Statistiken
Raucher sterben früher als Nichtraucher. Diese unangenehme Tatsache wird jedoch oft und gern in
Zweifel gezogen. Bekannte Gegenargumente sind "ich kenne einen Raucher, der ist über 90 und
völlig gesund" oder "wenn ein Raucher stirbt, kann man gar nicht wissen, woran er gestorben ist".
Beide Einwände sind zwar sachlich korrekt (Ausnahme siehe unten), spielen aber bei der
Gewinnung von Erkenntnissen zu diesem Thema keine Rolle.
Weil man die Todesursache bei Einzelpersonen kaum feststellen kann, sind Erkenntniss darüber nur
mit Hilfe von Statistiken zu gewinnen. Bekanntes Gegenargument ist nun "ich glaube nur Statistiken,
die ich selbst gefälscht habe" - aber schauen wir uns doch erst einmal an, wie Statistiken
entstehen.
Eine sehr schöne Erklärung steht in der
Bundesdrucksache 7/2070 vom 10. Mai 1974 "Antwort
der Bundesregierung betr. Auswirkungen des Zigarettenrauchens". Dort heißt es:
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Statistische Zwillinge
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"Von besonderem Interesse sind dabei die Feststellungen an sog. statistischen Zwillingen. Dies
sind Personen, die aus einer großen Zahl von Probanden ausgewählt worden sind, weil 25 Faktoren,
die gesundheitliche Bedeutung haben, bei ihnen übereinstimmten. Dazu gehörten Alter, Geschlecht,
Familienstand, Größe und Gewicht, Vorkrankheiten, erbliche Belastung für Krebs, aber auch
Erziehung und Religion, Stadtwohnung oder Landwohnung, schließlich selbst Rasse und Nationalität.
In dem zu prüfenden Faktor aber stimmten sie nicht überein: die einen rauchten, die anderen nicht.
Hammond hat 36.975 derartige statistische Zwillingspaare im Alter zwischen 40 und über 80 Jahren
über einige Jahre untersucht. Am Ende der Beobachtungszeit waren 1.385 Raucher, aber nur 662
Nichtraucher gestorben, das ist ein Verhältnis von mehr als 2 : 1. Von den Nichtrauchern starben
12 an Lungenkrebs, von den Rauchern hingegen 110."
(Quelle: Public Health, 1161–1187, Mai 1964)
Nun ist völlig klar: wenn es bei der betrachteten Menge von Probanden für jeden Nichtraucher
einen Raucher gibt, der absolut die gleichen Eigenschaften hat, und wenn trotzdem mehr Raucher
sterben als Nichtraucher - dann kann es dafür nur einen einzigen Grund geben: das Rauchen. Konkret:
662 Nichtraucher starben, das ist also die normale Todesrate. Von den 1.385 Rauchern sind also
mit hoher Wahrscheinlichkeit 723 an den Folgen des Rauchens gestorben und 662 an anderen Ursachen.
Ebenso wurde der tödliche Lungenkrebs bei 98 Rauchern höchstwahrscheinlich durch das Rauchen
verursacht und bei 12 Rauchern durch andere Ursachen.
Die Frage "wie tödlich ist das Rauchen?" wird also anhand großer Zahlen (hier eben 36.975)
beantwortet. Einzelfälle spielen da keine Rolle - egal, ob man den über 100-jährigen Kettenraucher
Johannes Heesters oder den schon mit 53 Jahren an Lungenkrebs verstorbenen Kettenraucher Diether
Krebs anführt. Keiner der beiden kann als Argument für bzw. gegen das Rauchen dienen.
Inzwischen hat jedoch die Genforschung große Fortschritte gemacht. Längst bekannt ist, dass beim
Lungenkrebs das Krebsunterdrückungsgen p53 geschädigt ist. Dieses Gen hat die Aufgabe, Mutationen
der Zelle zu erkennen und zu reparieren und - falls keine Reparatur möglich ist - das Absterben
der Zelle einzuleiten. Wissenschaftler sind inzwischen in der Lage, zu erkennen, ob die
Schädigung des Gens p53 durch Tabakrauch oder durch das Schimmelpilzgift Aflatoxin verursacht
wurde (Quelle).
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