Alles über das Rauchen Kosten des Rauchens Soziale Kosten

Vergleich sozialer Kosten

Inhalt:

1. Spart Rauchen Kosten im Gesundheitswesen?
2. Das Klischee von den teuren Senioren
3. Gesundes Leben entlastet Gesundheitssystem


1.) Spart Rauchen Geld im Gesundheitswesen?

Argumente und Gegenargumente

Geschätzte jährliche Pro-Kopf-Kosten für Gesundheits- fürsorge von holländischen Männern in 1988 und für die männliche Bevölkerung in einer Lebenstabelle, entspre- chend dem Alter und den Rauchgewohnheiten.
Die Pro-Kopf-Kosten für Frauen in den selben Alters- gruppen sind denen der Männer sehr ähnlich.
TITLE: The Health Care Costs of Smoking
AUTHORS: Barendregt JJ, et al
JOURNAL: NEJM 337:1052-7, Oct. 97
ÜBERSETZT von Paul Lenz

Zusammenfassung:

Hintergrund: obwohl das Einstellen des Rauchens aus der Sicht der öffentlichen Gesundheit erstrebenswert ist, werden die Konsequenzen in Hinsicht auch die Kosten der Gesundheitsfürsorge noch diskutiert. Raucher haben mehr Krankheiten als Nichtraucher, aber Nichtraucher leben länger und können in höherem Alter höhere Gesundheitskosten auf sich laden. Wir analysierten die Gesundheitskosten für Raucher und Nichtraucher und schätzten die wirtschaftlichen Konsequenzen eines Rauchstopps.

Methoden:Wir benutzten drei Lebenstabellen, um die Auswirkungen des Rauchens auf die Gesundheitskosten zu untersuchen - eine für eine gemischte Population von Nichtrauchern und Rauchern, eine für eine Population von Rauchern und eine für eine Population von Nichtrauchern. Wir benutzten auch eine dynamische Methode, um die Auswirkungen eines Rauchstopps auf die Gesundheitskosten im Laufe der Zeit zu bestimmen.

Ergebnisse: Die Kosten der Gesundheitsfürsorge für Raucher eines bestimmten Alters sind 40 Prozent höher als diese für Nichtraucher, aber in einer Population, in der niemand raucht, würden die Kosten bei Männern 7 Prozent und bei Frauen 4 Prozent höher sein als die Kosten in der momentanen gemischten Population von Rauchern und Nichtrauchern. Falls alle Raucher aufhören würden, würden die Gesundheitskosten zuerst niedriger sein, aber nach 15 Jahren würden sie höher sein als in der Gegenwart. Ein völliger Rauchstopp würde auf lange Sicht die Gesundheitskosten erhöhen, aber er könnte immer noch unter vernünftigen Annahmen als ökonomisch wünschenswert gesehen werden.

Schlussfolgerung: Wenn man aufhört zu rauchen, würden Gesundheitskosten eingespart, aber nur auf kurze Sicht. Am Ende würde ein Rauchstopp zu erhöhten Gesundheitskosten führen.



The New England Journal of Medicine -- February 12, 1998 -- Vol. 338, No. 7

Entgegnungen:

An den Herausgeber:

Die Schlussfolgerung von Barendregt et al. (Ausgabe Oct. 9), dass das Beenden des Rauchens letztendlich zu erhöhten Gesundheitskosten führt, ist fraglich, denn die Autoren unterschätzen die Unterschiede in den Gesundheitskosten zwischen Rauchern und Nichtrauchern. Sie ordnen dem Rauchen die führenden durch Rauchen verursachten Krankheiten zu, darunter Herzleiden, Schlaganfall, Lungenkrebs und einige andere Krebsarten sowie COPD [dazu gehören u. a. Asthma bronchiale und Lungenemphysem Anm. Webmaster]. Den Berichten des Surgeon General [der höchste amerikanische Gesundheitsbeamte Anm. Webmaster] zufolge haben Raucher auch ein höheres Risiko für eine Vielzahl von anderen Krankheiten, darunter Lungenentzündung, Grippe, Bauchschlagader-Aneurysma [Ausweitung, Aussackung Anm. Webmaster], Magen- und Zwölffingerdarmgeschwüre sowie Grauer Star. Addiert man diese Bedingungen, so erhöhen sich die kurzfristigen Krankenhausaufenthalte für durch Rauchen verursachte Krankheiten um schätzungsweise 30 Prozent. [Quelle]

Die Autoren unterstreichen die Resultate bei der Einbeziehung von geringen Kostenraten in Prozent (Kosten für das Gesundheitssystem, wenn es keine Raucher mehr geben würde, Anm. der Verf.), welche die These unterstützen, dass für eine nichtrauchende Population schließlich höhere Gesundheitssystemkosten entstehen würden. Aber ihre vergleichende Analyse mit unterschiedlichen Kostenraten stellt diese Schlussfolgerung als zweifelhaft dar, da sie niedrigere Kosten bei Nichtrauchern mit Kostenraten von 4,5% und höher kalkulieren. Die Autoren lehnen ein Einbeziehen von Kostenraten jedoch ab, sie führen unterschiedliche Meinungen bei der Einbeziehung von lebenslangen Kosten an. Es ist als kontrovers anzusehen, Einwirkungen auf die Gesundheit, wie z.B. die Anzahl der Lebenjahre, einzubeziehen, im Gegensatz zur Einbeziehung von in Geld zu messenden Summen. Zukünftige monetär auszudrückbare Werte mit einzubeziehen, ist weltweit von Volkswirten als legitim anerkannt. Weiterhin, wenn man sich auf die Unterschätzungen in der Analyse der Autoren bezieht, ist es warscheinlich, dass die Kosten bei einer nichtrauchenden Population auch niedriger sind bei niedrigen Kostenraten, einschließlich bei den Raten zwischen 3 und 5%, die als die Raten gelten, die am warscheinlichsten die soziale Kostenrate beinhalten. Drei Untersuchungen, die von den Autoren zitiert werden, kalkulierten höhere lebenslange Kosten für Raucher in den Vereinigten Staaten. Aber die Autoren bieten keine Erklärung für die Unterschiede zwischen ihren und den eben erwähnten Schlussfolgerungen an.

Thomas A. Hodgson, Ph.D.
Centers for Disease Control and Prevention
Hyattsville, MD 20782



An den Herausgeber:

Barendregt u.A. schätzen, dass der Unterschied der Lebenserwartung von Geburt an zwischen Rauchern und Nichtrauchern bei Männern bei 7,3 Jahren und bei Frauen bei 6,0 Jahren liegt. Diese Schätzungen wurden mittels Zahlen aus 5 Kategorien von Krankheiten, die durch Tabak-Genuss ausgelöst werden, kalkuliert, ohne andere Risiken miteinzubeziehen, und mit einer feststehenden Rate für alle Altersgruppen. Es ist selbstverständlich üblich, dass Raucher mehr als eine dieser Krankheiten haben und Krankheitsraten steigen verständlicherweise mit steigendem Alter an, da andere Gesundheitsrisiken ansteigen, ebenso wie Unterschiede in der Lebenserwartung bei fortgeschrittenem Alter. Obwohl leichte Abweichungen berücksichtigt werden, wird jedoch keine Erklärung der möglichen Effekte gegeben, wenn man diese unteren Grenzen voraussetzt.

Der von den Autoren zitierte Artikel, der ähnliche Sterblichkeitsunterschiede aufweist [Quelle], und auch andere angeführte Literatur vergleicht männliche ununterbrochene Zigarettenraucher mit lebenslangen Nichtrauchern, ohne weitere Risikofaktoren mit einzubeziehen (Raucher haben mehr Stress, trinken mehr Alkohol, treiben weniger Sport, nehmen mehr Fett in der Nahrung zu sich und nutzen Sicherheitsgurte weniger als Nichtraucher). Außerdem hätte eine Studie von 1951 die 50% der Raucher eingeschlossen, die schlagartig aufgehört haben zu rauchen und welche eine ähnliche Sterberate wie lebenslange Nichtraucher aufweisen. Zusätzlich sollten diese Unterschiede bei der Sterberate wegen anderer möglichen Gesundheitsrisiken in zunehmenden Alter geringer werden, und wegen der generell längeren Lebenserwartung der jüngeren Kohorten.

Die angeführten Schlussfolgerungen der Autoren sind extrem beeinflussbar durch Änderungen über Annahmen von Sterblichkeitsraten. Geringe Reduzierungen von Sterblichkeitsraten können enorme Unterschiede in Langzeit-Entwürfen ausmachen, sie können die anfänglichen Kosteneinsparungen erhöhen und ständig beeinflussen.

James F. Fries, M.D.
Stanford University School of Medicine
Palo Alto, CA 94304-1808



An den Herausgeber:

Die Studie von Barendregt u.A. beachtet nicht, dass in der angenommenen Menge der Nichtraucher auch ehemalige Raucher enthalten sind, die eine höhere Sterblichkeits- und Krankheitsrate aufweisen als diejenigen, die niemals regelmäßig geraucht haben. In Großbritannien haben über die Hälfte der Personen, die über 60 Jahre alt sind, früher regelmäßig geraucht.

Hochentwickelte ursachenbezogene Datensätze sind notwendig, um die wirklichen für das Gesundheitssystem verursachten Kosten durch das Rauchen festzustellen. Ökonomen, die sich mit dem Gesundheitssystem beschäftigen, sind sich einig, dass vorherschende Studien über Kosten von Krankheiten wenig Aufschluss geben über zu erwartende lebenslange Kosten und dass ursachenbezogene Studien einen höheren Stellenwert haben. Wenn man die Daten dieser Studie mit der gängigen Kostenrate von 5% und mit der Einbeziehung von zusätzlichen Kosten, die durch Rauchen verursacht werden, wie z.B. lebenslange Pflegekosten nach einem Schlaganfall [Quelle], neu kalkuliert, ist es unwarscheinlich, dass das "break-even"-Jahr nach einem kompletten Rauchstop jemals eintritt. Es ist vernünftig anzunehmen, dass "würdevolles Altern" ohne Krankheitszustände verursacht durch Rauchen warscheinlich eine geringe Bürde für das Gesundheitssystem darstellt.

Dominic Heaney, B.M., B.Ch
National Hospital for Neurology and Neurosurgery
London WC1N 3BG, United Kingdom



An den Herausgeber:

Im Gegensatz zu den Behauptungen von Barendregt u.A. könnte jede durch das Rauchen verursachte Krankheit, welche enorme Kosten für das Gesundheitssystem verursacht, die von der Kostenersparnis durch vorzeitigen Tod nicht gedeckt werden können, die Ergebnisse ihrer Untersuchung ändern, jedoch warscheinlich nicht ihre umfassende Schlussfolgerungen.

Zum Beispiel könnten die Ergebnisse von Figure 2 ihres Artikels sich ändern, wenn die Kosten von Kinderkrankheiten, verursacht durch elterliches Rauchen, miteinbezogen würden. Die 4,6 Milliarden US-Dollar, die pro Jahr für die Behandlung von solchen Erkrankungen von dem amerikanischen Gesundheitssystem aufgewendet werden, entsprechen fast drei mal der Summe von den 1,7 Milliarden US Dollar, die durch Sterberaten eingespart werden (6200 tote Kinder [meist Kleinkinder] durch rauchende Eltern [Quelle], malgenommen mit US-Dollar 3.600 pro Jahr pro Person anfallende Gesundheitssystem-Kosten, malgenommen mit 75 Jahren verlorengegangen Lebens [U.S. Lebenserwartung]). Zusätzlich könnten die Ergebnisse der Autoren sich ändern, wenn die anfallenden Kosten bei erwachsenen Nichtrauchern, verursacht durch generell nichttödliche Asthma-Anfälle durch Passiv-Rauchen und Verbrennungen durch unachtsame Raucher die eingesparten Kosten durch vorzeitigen Tod bei Rauchern übersteigen. Die Ergebnisse könnten sich zudem ändern, wenn die Kosten für das Gesundheitssystem, verursacht durch teure, nichttödliche Unfälle (z.B. Rückenverletzungen und orthopädische Behandlungen) miteinbezogen würden. Ein Großteil der 12% der gesamten Kosten des Gesundheitssystem der USA, die für Unfälle aufgewendet werden, könnten auf das Konto der oben genannten Unfälle gehen.

Die gesamten Kosten für das Gesundheitssystem, die mit Rauchen in Verbindung gebracht werden, schließen die Behandlungskosten von Kinderkrankheiten, die durch elterliches Rauchen verursacht werden, nichttödliche durch Rauchen verursachte Unfälle, Grauer Star bei Rauchern und die oftmals nichttödlichen, durch Passivrauchen bei anderen Erwachsenen hervorgerufenen gesundheitlichen Probleme mit ein. Diese Faktoren, insbesondere in Kombination mit der Einbeziehung einer Kostenrate, reduzieren die Möglichkeit, dass exzessive Gesundheitssystemkosten verursacht durch ein komplettes Unterlassen von Rauchen jemals eintreten werden.

Bruce N. Leistikow, M.D.
University of California
Davis, CA 95616

Ted R. Miller, Ph.D.
National Public Services Research Institute
Landover, MD 20785



An den Herausgeber:

Die Kalkulationen der Autoren Barendregt u.A. der Kosten des Gesundheitssystems verursacht durch Rauchen mag interessant sein, aber ihre Folgerung, "letztendlich würde ein komplettes Unterlassen von Rauchen zu erhöhten Gesundheitssystemkosten führen" ist irreführend und gefährlich. Die Autoren implizieren, dass, wenn weitergeraucht wird, die Gesundheitssystemkosten sich langzeitlich gesehen verringern würden und Nichtraucher deshalb auf lange Sicht höhere Kosten verursachen würden. Die Autoren beziehen jedoch nicht die Jahre mit ein, die durch mit dem Rauchen in Verbindung gebrachten Sterbe- und Krankheitsfälle verloren gegangen sind. Die Produktivität um sich strikt in dem von den Autoren vorgebenen Kontext ökonomischer Fachausdrücke zu bewegen eines Menschen während dieser verlorenen Jahre wiegt mit Sicherheit die Gesundheitssystemkosten späterer Lebensjahre wieder auf...

Christian Sauter, M.D.
University Hospital
CH-8091 Zürich, Switzerland



Die Autoren antworten:

An den Herausgeber:

Hodgson weist korrekterweise darauf hin, dass es mehr Krankheiten, die durch das Rauchen verursacht werden gibt, als die von uns aufgeführten Hauptgruppen, aber zusätzliche Krankheiten würde unsere Schlussfolgerung nur ändern, wenn sie ein klares extremes Risiko für Raucher darstellen würden, wenn sie große Kosten verusachen würden und wenn sie ein geringes Sterberisiko aufweisen würden. Wir können uns keine solche Krankheit vorstellen. Vier von den fünf Krankheiten, die von Hodgson erwähnt werden, haben hohe Sterberaten, und Grauen Star haben wir in unserer Abhandlung angesprochen.

Hodgson stellt viel höhere Unterschiede in den Pro-Kopf-Kosten fest. Die angesprochenen 100% Kostenerhöhung bei männlichen und 70% bei weiblichen Rauchern beziehen sich jedoch nur auf eine Altersgruppe. Die Unterschiede in den anderen Altersgruppen gehen konform mit unseren Resultaten, und bei Senioren sind die Unterschiede sogar noch viel geringer. Wir lehnen das Einbeziehen von Kostenraten nicht ab. Das Einbeziehen von Kostenraten beinhaltet die Evaluation von zukünftigen Ressourcen als Teil einer Entscheidung über die zu bevorzugende Möglichkeit, wenn man die Wahl hat zwischen verschiedenen Alternativen. Hodgson ignoriert den Unterschied, den wir machen zwischen der Schätzung gesamtgesellschaftlicher Kosten für Raucher und Nichtraucher und der Berechnung einer eingreifenden Maßnahme. Wir lehnen die Einbeziehung von Kostenraten in dem besprochenen Fall ab, weil wir bei der Schätzung von Kosten nicht abwägen, welche Alternative zu bevorzugen sei. Zudem gibt es in der Interpretation eines Lebensplanes einer statischen Bevölkerung keine Zeit, und somit auch keine Zukunft. Das Einbeziehen von Kostenraten in die Resultate eines Lebensplans verringert die Kosten, die in einem höheren Alter entstanden sind und nicht an einem bestimmten zukünftigen Zeitpunkt; dies könnte durchaus die anderen Resultate anderer Studien erklären, da Nichtraucher im Durchschnitt älter sind. Wenn man eine eingreifende Maßnahme evaluiert, bezieht man Kostenraten mit ein und zeigt, dass die Maßnahmen ökonomisch attraktiv sein können, da die Einsparungen die eventuell höheren Kosten übertreffen.

Wir können Fries versichern, dass andere gegebene Risiken in unserer Analyse beachtet werden und dass die Unterschiede in der Sterberate zwischen Rauchern und Nichtrauchern sich in einem höheren Lebensalter verringern: die Lebensalter-unabhängigen Daten beruhen auf Vorkommnissen von Krankheiten, nicht auf Sterberaten. Da die Beziehung zwischen Vorkommnissen und Sterberaten nichtlinear ist, nimmt die Rate von Krankheitsbezogenen Sterbefällen mit zunehmenden Alter ab, ebenso wie die gesamte Sterberate: bei Männern von 2,5 in einem Alter von 65 Jahren zu 1,6 mit 90 Jahren und bei Frauen von 2.2 zu 1,6; bei geringeren Grenzen beträgt die Rate 1,9 zu 1,4 bei Männern und 1,7 zu 1,4 bei Frauen, unter Berücksichtigung einer Veränderung der Lebenserwartung von 5,2 und 4,1 Jahren.

Heaney hat Recht, dass eine große Gruppe von jetzigen Nichtrauchern tatsächlich ehemalige Raucher sind. Diese Problem taucht immer wieder in epidemiologischen Studien auf; die Daten werden beeinflusst, wenn sie nicht für Raucher erstellt werden und im Gegenzug auch für Personen, die niemals geraucht haben. Wir haben dieses Problem ignoriert, gegründet auf der Annahme, dass diese Beeinflussung sich in der Toleranzgrenze der Datensätze befindet.

Ob Studien, die sich auf Vorkommnissen gründen, als hochwertiger anzusehen sind, hängt von der Absicht der Studie ab. Wenn man Schätzungen anstellt über gesamtgesellschaftliche Kosten für Raucher und Nichtraucher, sind gesamtgesellschaftliche Daten als adäquat anzusehen.

Leistikow und Miller erwähnen korrekterweise die Kosten, die durch Passivrauchen bei Nichtrauchern verursacht wurden, speziell bei Kindern. Diese Kosten miteinzubeziehen, würde jedoch nicht unsere Schlussfolgerungen ändern. Die gesamten Kosten verusacht durch Lungenkrebes bei Personen im Altern von 1-19 Jahre machen z.B. nur weniger als 1% von den gesamten Kosten bei Männern und knapp über 0,5% der Kosten bei Frauen aus.

Sauter weist auf die Kosten von verlorengegangener Produktivität hin. Genau wie bei manchen anderen finanziellen Unterschieden zwischen Rauchern und Nichtrauchern, wie z.B. Renten oder Tabaksteuer, gelten diese Kosten nicht als Kosten für das Gesundheitssystem und sprengen deswegen den Rahmen unseres Artikels.

Jan J. Barendregt, M.A.
Luc Bonneux, M.D.
Paul J. van der Maas, Ph.D.



Für die Übersetzung der Zuschriften danke ich vielmals der Stephanie Wiese in Itzehoe. Ohne ihren Fleiß und ihre Fachkenntnisse (Statistik) hätte ich nur das Original anbieten können. Webmaster



2.) Das Klischee von den teuren Senioren

Bei Diskussionen über die Kosten im Gesundheitswesen wird ständig auf die demografische Entwicklung verwiesen. Aufgrund der zunehmenden Zahl älterer Menschen komme eine Kostenlawine auf uns, heißt es. Dies war bis jetzt unbestritten, obwohl es niemand nachweisen konnte. Es wurde einfach behauptet. Selbst der Hinweis darauf, dass es aus den USA anderslautende Meldungen gebe, wurde ignoriert.
Jetzt zeigt eine Studie der Max-Planck-Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften ein anderes Ergebnis auf. Danach nehmen Senioren meist weniger kostenintensive Therapien wahr als jüngere Menschen, die an der gleichen Krankheit leiden.
Insgesamt wurden Krankenhausdaten von über 430.000 AOK-Patienten in Westfalen-Lippe und Thüringen ausgewertet. Bei der Auswertung ergab sich zunächst, dass nahezu 40 Prozent der Gesamtkosten für Krankenhausbehandlungen für nur zehn Prozent aller Patienten aufgewendet werden. Die teuersten Behandlungen erhalten sterbenskranke Frauen im Alter zwischen 20 und 49 Jahren in den westdeutschen Krankenhäusern. Die Kosten lagen 1997 mit rund 36.300 Mark um das Vier- bis Fünffache über denen für Frauen mit eindeutigeren Überlebenschancen.
Ab dem 60. Lebensjahr nehmen die Ausgaben zur Behandlung von lebensbedrohlichen Erkrankungen laut Studie deutlich ab. Ein über 90 Jahre alter Patient verursache in Ost und West nur knapp die Hälfte der Klinikkosten eines 65- bis 69-jährigen Patienten, wird berichtet. Allerdings seien die Ursachen dieser Entwicklung noch nicht klar. Geringere Kosten könnten auf Rationierungen und den Verzicht auf die optimale medizinische Versorgung hinweisen. Sie könnten aber auch mit den Wünschen älterer Menschen nach weniger intensiven und damit meist auch Kosten sparenden Therapien zusammenhängen. Hier muss also noch weiter geforscht werden.
Die Wissenschaftler stellten fest, dass das medizinische Wissen über die optimale Behandlung alter Menschen vergleichsweise gering sei, weil in klinischen Studien Männer und Frauen über 65 Jahre wie beispielsweise auch Kleinkinder gar nicht berücksichtigt würden. Das bestätigt die Vermutung, dass ältere Menschen bei allen Untersuchungen und Studien ausgeklammert werden, obwohl ihre Zahl immer weiter zunimmt. Ärzte könnten glauben, so wird berichtet, dass der Tod eines älteren Menschen durch eine körperlich zu stark belastende Therapie leicht als medizinischer Fehler gewertet werde. Betroffene erhielten daher eher eine palliative, also eine die Beschwerden einer Krankheit lindernde, aber nicht ihre Ursache bekämpfende Medizin als eine aggressive medizinische Therapie. Natürlich ist das nur eine Vermutung, aber keine Deutung, warum die Kosten im Alter geringer sind.
Fest steht jedoch, dass damit erstmalig neue Tatbestände bekannt werden, die dem Klischee von den teuren Senioren bei den Kosten im Gesundheitswesen widersprechen! Man kann nur hoffen, dass diese auch zur Kenntnis genommen werden, damit das Märchen von den hohe Kosten erzeugenden Senioren vom Tisch kommt. Denn die wachsende Zahl älterer Menschen muss nicht zwangsläufig zu mehr Kosten führen.
Walter Hirrlinger

Quelle: VdK Zeitung - Ausgabe Niedersachsen-Bremen - Februar 2003




3.) Gesundes Leben entlastet Gesundheitssystem

Die Kostenexplosion im Gesundheitswesen ist nach Auffassung von Medizinern nicht vorrangig auf die Überalterung der Gesellschaft zurückzuführen. Der ärztliche Direktor der Universitätsklinik Göttingen, Jekabs Uldis Leititis, verwies auf Studien des Instituts für Gesundheitsökonomie der Universität Köln, wonach die demografische Entwicklung lediglich acht bis zehn Prozent der Kostensteigerungen verursache. Die meisten Kosten fielen in den drei Jahren vor dem Tod an. Das sei unabhängig davon, ob der Patient 65 oder 90 Jahre alt sei. Deshalb müsse dafür gesorgt werden, dass die Menschen gesund alt würden. Ein Leben ohne Rauchen und Übergewicht verhindere nicht nur sieben bis zehn Jahre Siechtum, sondern reduziere auch die Arzneimittel- und Arztkosten um 20 beziehungsweise 40 Prozent.
Das deutsche Gesundheitswesen könne auf Dauer nur überleben, wenn mehr Gewicht auf Vorbeugung gelegt werde, sagte Leititis. Werde beispielsweise eine Herzerkrankung frühzeitig erkannt, so bringe sie pro investierten Euro vier zurück. Dieser Euro so eingesetzt, dass er die Herzerkrankung vermeidet, bringe sogar 30 Euro. Deshalb müsse das Geld im Gesundheitswesen stärker so eingesetzt werden, dass es die so genannten Risikofaktoren einer chronischen Erkrankung im Alter wie Rauchen, Übergewicht, Alkohol und Bewegungsarmut herabsetze.
Eine Leistungsverweigerung sei dagegen der falsche Weg zur Kosteneinsparung, sagte Leititis. Auf Grund der geringeren Einnahmen aus Kassenbeiträgen vollziehe sich jedoch auch bei Hochleistungsärzten ein Umdenken. Wurde bisher jede mögliche Hilfe geleistet, so müsse künftig auch die Effizienz der Behandlung berücksichtigt werden. Dabei gehe es um die Sicherung der erforderlichen Qualität und um die ökonomische Vertretbarkeit. Die Entscheidung, dem Patienten eine Behandlung vorzuenthalten, könne aber nicht Aufgabe der Ärzte sein. Da müsse die Politik Kriterien vorgeben, forderte Leititis.
In Greifswald befassen sich seit Donnerstag Mediziner auf einem zweitägigen Symposium mit der Behandlung von älteren Patienten unter den neuen Rahmenbedingungen der Gesundheitsreform. Dabei werden Empfehlungen der Greifswalder Universitätsklinik zur Optimierung der Behandlung von älteren Menschen diskutiert.
Text unter Verwendung von Material von: ddp

Quelle: http://www.ngo-online.de/ganze_nachricht.php4?Nr=6814 vom 29. Aug. 2003