Warum Tabakrauch radioaktiv ist
(von Prof. Dr. Matthias Risch)
Bei der Vielzahl der im Tabakrauch vorhandenen Schadstoffe wird häufig eine Klasse übersehen: die
radioaktiven Substanzen. Bereits im Jahre 1965 fand C.R. Hill am Britischen Krebsforschungsinstitut,
dass Zigarettentabak das radioaktive Isotop Polonium 210 in einer Aktivität von 210 bis 1360 Picocurie
pro Kilogramm Tabak enthält. Beim Abrauchen von Zigaretten haben Hill und seine Kollegen Radford und
Hunt gemessen, dass etwa 10 Prozent des Poloniums in den Hauptstromrauch geht, 30 Prozent in den
Seitenstromrauch, 40 Prozent in den Stummel, 20 Prozent in die Asche und praktisch nichts in den Filter.
Polonium-210 ist ein Alpha-Strahler. Das Polonium wird vom Körper aufgenommen und zurückgehalten, sodass
in Raucherlungen die gegenüber Nichtrauchern drei- bis vierfache Poloniumkonszentration gefunden wird.
Auch Passivraucher sind gefährdet, weil die meiste Radioaktivität in den Nebenstromrauch (30%) und
in die Asche (20%) geht. 1966 haben Forscher eine Polonium-Aktivität von 2,4 bis 6 Picocurie Polonium
pro Zigarette, je nach Marke und Herkunft, gemessen sowie eine durchschnittliche Alpha-Aktivität in
den Bronchien von Rauchern von 8 Picocurie pro Quadratmeter Bronchienoberfläche, entsprechend einer
Strahlenbelastung der Lunge von 40 bis 150 Millirem pro Jahr.
Im Jahr 1985 fanden die finnischen Forscher Mussalo-Rauhamaa und Jaakkola in Zigaretten zusätzlich zu
der radioaktiven Belastung mit Polonium auch Plutonium.
Warum gelangen so viel mehr Polonium und Plutonium in die Tabakpflanze als in jede andere Kulturpflanze?
Man weiß heute, dass das beim Zerfall von Uran entstandene Edelgas Radon in der Luft weiter zerfällt
in Blei 214 / Polonium 214 / Polonium 210. Letzteres lagert sich an Partikel in der Luft von etwa
0,3 Mikrometer Durchmesser an. Das bei Bombenversuchen in den sechziger Jahren und bei
Satellitenabstürzen der siebziger Jahre in der Atmosphäre freigesetzte Plutonium hängt sich ebenso an
Staubteilchen der Luft. Die Tabakpflanze besitzt Trichome (Blatthaare) mit einem Durchmesser und einer
Struktur, die beide radioaktiven Isotope besonders gut aus der Luft herausfiltern.
Quelle: Faltblatt "Fakten und Argumente für ein Nichtraucherschutz-Gesetz" der
Nichtraucher-Initiative Deutschland e.V.
Raucher strahlen von innen
Ein mittelstarker Raucher (ein bis zwei Packungen täglich) verpasst seinen Bronchien pro Jahr die
gleiche Strahlenmenge, die bei 250 Röntgenaufnahmen der Lunge entstehen würde. Für die Radioaktivität
im Tabak ist vor allem das natürlich vorkommende Isotop Polonium 210 verantwortlich, wie neue
Untersuchungen in den USA eindeutig festgestellt haben.
Polonium, das schwerste Element der 6. Hauptgruppe, zerfällt unter Alpha-Strahlung; die Halbwertzeit
von Polonium 210 beträgt 138,4 Tage. Es verflüchtigt sich in der brennenden Zigarette bei 600 bis
800 Grad Celsius. 30 bis 50 Prozent des Stoffes gelangen so in den inhalierten Rauch. Die
strahlenden Teilchen setzen sich hauptsächlich in den äußeren Lungengeweben, vor allem in den
Schleimhäuten der Bronchien, fest. Bei Rauchern ist die dort gemessene Radioaktivität bis zu
hundertmal höher als im Rest der Lunge.
Die Wissenschaftler sind überzeugt, dass die Strahlendosis von 80 rem, die ein durchschnittlicher
Raucher in zehn Jahren aufnimmt, zum Wuchern von bösartigen Tumoren führen kann. Untersuchungen
zufolge gelangt das Polonium sowohl über den Phosphatdünger als auch über die Luft in die
Tabakpflanze.
Quelle: Chemische Rundschau vom 19.1.96
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